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Urteile im Lügde-Prozess sind "wichtiges Signal"

Im Prozess um den hundertfachen Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz in Lüdge hat das Landgericht Detmold heute die Urteile gesprochen.

Die beiden Hauptangeklagten wurden zu hohen Haftstrafen mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB) in NRW begrüßte das Urteil. Auch für den Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung ist es ein „wichtiges Signal“.

Umfassende Aufarbeitung

Nach der juristischen Aufarbeitung der Gewalttaten müssen nach Ansicht des DKSB Landesverbandes NRW nun vielfältige Konsequenzen auf politischer und gesellschaftlicher Ebene folgen. Am jahrzehntelangen Kindesmissbrauch in Lügde zeigen sich nach Auffassung des Kinderschutzbundes in NRW deutlich die Schwachstellen im Kinderschutz-System. Bei den Ermittlungsbehörden und der Jugendhilfe (inklusive dem Pflegekinderwesen) müsse interdisziplinär und bundesländerübergreifend aufgearbeitet werden, wie es zu den Fehlern in der Wahrnehmung der Not der Kinder und in den weiteren Abstimmungen kommen konnte. Der Kinderschutzbund setzt sich seit Langem dafür ein, die Prävention sexualisierter Gewalt grundsätzlich zu verbessern.

Öffentlichkeit besser schulen

„Um Kinder besser als bisher zu schützen, fordern wir, dass zuständige Stellen koordiniert zusammenarbeiten“, sagte Krista Körbes, Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes in Nordrhein-Westfalen. Außerdem sei es unerlässlich, dass das Wissen über sexualisierte Gewalt viel stärker als bisher in die breite Öffentlichkeit getragen werde. Dazu gehöre unter anderem die Bekanntmachung der Strategien von Tätern und Täterinnen. Außerdem sei es erforderlich, pädagogische Fachkräfte in Kitas und Schulen sowie das Personal bei der Polizei und in der Justiz viel besser im Themenkomplex sexualisierter Gewalt zu schulen. „Es ist bekannt, dass sich Kinder bis zu acht Mal Menschen in ihrer Umgebung anvertrauen oder dies versuchen, bevor ihre Not erkannt und entsprechend gehandelt wird“, so Landesgeschäftsführerin Krista Körbes.

Bereits im Mai hatte der Kinderschutzbund Landesverband NRW in einer umfassenden Stellungnahme deutliche Konsequenzen aus den hundertfachen Missbrauchsfällen in Lügde gefordert. Die gesamte Stellungnahme finden Sie hier.

Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Johannes-Wilhelm Rörig, fordert Politik in Bund und Ländern in einer Stellungnahme nach dem Urteil erneut auf, die Bekämpfung von sexuellem Missbrauch und Missbrauchsabbildungen, sog. Kinderpornografie, vehement voranzutreiben:

„Das  Landgericht Detmold hat das mögliche Strafmaß weitgehend ausgeschöpft und damit auch das wichtige Signal gesendet, dass der Rechtsstaat diese schweren Verbrechen an Kindern hart bestraft. Für die betroffenen Kinder und ihre Familien ist es wichtig, dass die Urteile jetzt gesprochen wurden und sie wissen, dass Justiz und Gesellschaft auf ihrer Seite stehen und ihr Leben jetzt wieder sicher ist. Dies ist ein wichtiger Schritt um die Gewalttaten zu verarbeiten.“ 

Rörig mahnte, angesichts dieses extremen Falles nicht zu vergessen, dass viele Kinder überall und täglich sexueller Gewalt ausgesetzt sind, vor allem in der eigenen Familie, aber auch durch Gleichaltrige, in Einrichtungen oder durch die Nutzung des Internets. „Die meisten Fälle kommen aus Angst, Scham und Unwissenheit nicht zur Anzeige. Was die Gefahren sexueller Gewalt angeht, ist noch immer eine erschreckende Ahnungslosigkeit und eine unangebrachte Sorglosigkeit weit verbreitet.“

Quellen und weitere Informationen:

Mitteilung des DKSB Landesverband NRW e.V., 05.09.2019

Pressemitteilung des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, 05.09.2019

 

 

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