Struktur der fallbezogenen Kooperation beim Verdacht auf Kindeswohlgefährdung

Kindparteiliche Moderation

Frau Discher stellt vor, wie zentral wichtig die geschulte kindparteiliche Moderation (Was hilft dem Kind?) solcher Treffen sei. Ihrer Erfahrung nach seien die Reibungsverluste, die es in der konkreten Fallarbeit zwischen verschiedenen Akteur*innen häufig gebe, am besten mit Hilfe einer Moderation aufzufangen, die nach etwa zehn Minuten „Jammerrunde“, den Fokus - mit Wertschätzung für die Sorge aller Einzelnen - zurück auf das Kind bringe: „Was können wir denn jetzt unternehmen, um diesem Kind zu helfen?“ Eine solche Morderator*innenrolle könne erlernt werden und hänge ganz maßgeblich von der Haltung ab, eine Moderation im Sinne des Kindeswohls durchzuführen.

Auch der Einbezug von Sorgeberechtigten und auch Kindern in die interdisziplinäre Fallverständigung sei in Einzelfällen erprobt worden und zu befürworten, weil - entgegen manchen kritischen Stimmen – möglich. Allerdings hätten die Sorgeberechtigten nicht immer so ein großes Interesse an einer Teilnahme oder der Sinn dieser Treffen sei für sie nicht einsichtig.

 

Klare Zuordnung der Fallverantwortung und Etablierung fachübergreifender Strukturen

Herr Materla und Herr Walhorn geben zu bedenken, dass zwar grundsätzlich diskutiert werden könne, ob die Fallverantwortung auf ein interdisziplinäres Gremium zur Beratung von KWG-Fällen anstatt wie bisher auf die/den fallverantwortliche/n ASD-Mitarbeiter*in übertragen werden könne. Allerdings bedürfe es aber in der Regel einer klaren Verantwortungszuschreibung an eine Behörde, um den rechtlichen Ansprüchen zu genügen.

Für den Gefährdungseinschätzungsprozess bei komplexen Fällen ist es laut Herrn Materla dringend notwendig fachübergreifende Strukturen zur Bearbeitung gewichtiger Fälle im Kinderschutz einzurichten. Die Einschätzung von Gefährdungsfällen sei nämlich, so Materla, keine Angelegenheit mehr, die man mit zwei bis drei Personen im ASD erledigen könne. Dies könne aus seiner Sicht beispielsweise durch ein Kinderschutzzentrum in jedem Kreis gewährleistet werden, so dass im Falle sexuellen Missbrauchs und anderer komplexer Gefährdungslagen der Einbezug der fachlichen Sicht von Psychologie, Justiz und anderen Professionen ermöglicht würde.