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20 Jahre Recht des Kindes auf gewaltfreie Erziehung

Das Recht des Kindes auf gewaltfreie Erziehung feiert seinen 20. Geburtstag. Ein Grund zum Feiern und Anlass für eine kritische Bilanz.

Am 6. Juli 2000 beschloss der Bundestag das „Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung". Es führte dazu, dass es seit November 2000 im Bürgerlichen Gesetzbuch heißt: „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“

„Das Recht auf gewaltfreie Erziehung ist ein Meilenstein für Kinder und Jugendliche“, sagte Prof. Dr. Gaby Flösser, Landesvorsitzende des Kinderschutzbundes in Nordrhein-Westfalen, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Ortsverband Köln. „Es ist ein klares Signal für Eltern und andere Aufsichtspersonen, dass Gewalt kein Mittel der Erziehung sein darf und dass Konflikte gewaltfrei gelöst werden müssen.“

„Gewalt und Würde – das geht nicht zusammen“, betonte auch Marlis Herterich, Vorsitzende des Kinderschutzbundes in Köln. Sie erinnerte an die Zeit, in der Körperstrafen in der Erziehung in Deutschland legal waren. „Eine Ohrfeige hat noch niemandem geschadet: Das war damals das Argument vieler Väter und Mütter“, so Herterich weiter. Viele wollten den Staat nicht in das elterliche Erziehungsrecht eingreifen lassen. So habe es acht Jahre gedauert, bis die UN-Kinderrechtskonvention, in der das Recht auf Schutz vor Gewalt bereits verankert war, wie vereinbart in deutsches Recht umgewandelt wurde.

Aus Sicht des Kinderschutzbundes hat sich durch das Recht auf gewaltfreie Erziehung gesellschaftlich viel verbessert. „Die Haltung der Eltern hat sich im Laufe der Zeit deutlich verändert“, so Krista Körbes, Landesgeschäftsführerin des Kinderschutzbundes in NRW. Das Ideal der meisten Mütter und Väter sei eine gewaltfreie Erziehung und ein respektvoller Umgang mit ihren Kindern. „Wenn es in der Familie doch zu Gewalt kommt, ist das oft ein Ausdruck von Hilflosigkeit und Überforderung“, so Körbes weiter.

Trotz dieser positiven Entwicklung erleben immer noch zu viele Jungen und Mädchen Gewalt – sei es körperliche, sexualisierte oder seelische Gewalt. Aktuell besonders im Blick der Öffentlichkeit ist die sexualisierte Gewalt. Die Taten werden häufig fotografiert, gefilmt und über das Internet verbreitet. Durch mehr Personal bei der Polizei und verstärkte Ermittlungen kommen derzeit zahlreiche Fälle aus diesem Bereich ans Licht der Öffentlichkeit. Maria Große Perdekamp, Fachliche Leiterin des Kinderschutzbundes Köln, richtete den Blick auf die lokale Ebene: „Ein rasanter Anstieg der Delikte von sogenannter Kinderpornographie von 53 auf 138 Fälle in Köln im Jahr 2019 spiegelt die neue Dimension von Gewalt im Netz“, sagte Maria Große Perdekamp. Die polizeiliche Statistik zeige lediglich einen Ausschnitt der Wirklichkeit, betonte die Fachliche Leiterin. Gewalt sei ein viel umfassenderes Problem. „In der Praxis müssen wir auch nach 20 Jahren Gesetz sagen: Das Thema brennt weiterhin für Kinder, Eltern und alle Fachkräfte.“

Ob Beratungsmöglichkeiten, Frühe Hilfen oder Elternkurse: Der Kinderschutzbund in Köln und viele andere Einrichtungen und Institutionen bieten vielfältige Unterstützung an, damit Kinder ohne Gewalterfahrungen aufwachsen können. „Dies alles ist zwar keine Garantie für den Verzicht auf Gewalt in der Erziehung, bildet jedoch einen guten Boden“, bilanzierte Prof. Dr. Gaby Flösser, Landesvorsitzende des Kinderschutzbundes in NRW. Gleichzeitig bleibe viel zu tun, um den Kinderschutz zu verbessern. Ein wichtiger Punkt sei die Ausbildung, etwa von Fachkräften der Kinder- und Jugendarbeit, Lehrkräften, Ärztinnen und Ärzten und Polizeibeamten. Flösser betonte: „Jeder, der beruflich Kontakt zu Kindern und Jugendlichen hat, muss sich im Kinderschutz auskennen, mögliche Gewalt erkennen und wissen, was zu tun ist.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutz Landesverband NRW e.V. und Deutscher Kinderschutzbund Ortsverband Köln e.V.

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